| I N D E X : KLIMA : |
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M A N O T R U F | • | ]
Die Einigkeit der
Forscher gilt als "sozialer Beweis"
für den Klimawandel ...
Über Grundfragen des Klimawandels ist sich die Wissenschaft praktisch einig. Von einem "Konsens" der Klimaforschung ist die Rede. Doch der Begriff ist ebenso zentral wie schillernd, denn in der Politik bedeutet er etwas ganz anderes als in der Forschung. Dort ergibt er sich nicht durch irgendwelche Aushandlungsprozesse, sondern aus übereinstimmenden Ergebnissen unabhängiger Untersuchungen. Gegner eines aktiven Klimaschutzes versuchen häufig, die wissenschaftlichen Grundlagen für dessen Notwendigkeit in Zweifel zu ziehen. Die Gegner aus Lobbyverbänden und konservativen, oft von Industriellen geförderten Thinktanks hingegen behaupten, ihre Erhebungen lieferten abweichende Werte und verbreiten einen Dissens über den Konsens – die ganze Sache ist also längst eine Diskussion auf der zweiten Metaebene. Unter einem anderen Blickwinkel kritisierte auch die französische Philosophin Chantal Mouffe, Vordenkerin linker Protestparteien vor allem im Süden Europas, "jeder Konsens der Mitte ist das Ende der Politik". Der Linguist Noam Chomsky schließlich hatte dagegen gewettert, dass die Medien der westlichen Industriestaaten den Bürgern einen Konsens der Meinungen vorgaukelten, um das herrschende System zu stützen und abweichende Ansichten zu unterdrücken. Die Wissenschaftler haben wichtige Grundfragen ihres Gebiets so deutlich geklärt, dass darüber keine Diskussion mehr nötig ist. Statt "Konsens" könnten sie daher auch "wissenschaftlicher Sachstand" sagen. Nicht zufällig erinnert dieser Begriff an die Aufgabe des Weltklimarates IPCC der regelmäßig ein einen Sachstandsbericht zu den Ergebnissen der Klimaforschung erstellt. Man könnte ihn auch "Konsensbericht" nennen. Bärbel Winkler, die seit 2009 ehrenamtlich bei der Website skeptikalscience.com mitarbeitet, einem Partnerprojekt von klimafakten.de, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Man muss den Leuten den Unterscheid zwischen einem Konsens im Bereich der Wissenschaft und einem politischen Konsens erklären. Wer es verstehen will, der versteht es auch." Die anderen würden absichtlich die Kategorien vermischen: "Ein Konsens in der Politik wird gemacht, einer in der Wissenschaft entsteht durch harte, unabhängige Arbeit der aktiv publizierenden Klimawissenschaftler und durch die vielen Beweise, die alle in die gleiche Richtung zeigen. Er ist darum auch deutlich wertvoller." Anders als in den USA, Australien oder Großbritannien sind im deutschsprachigen Raum der Klimawandel und die Strategie, ihn zu begrenzen, nicht prinzipiell umstritten. Lediglich rechtspopulistische Parteien wie AfD oder FPÖ vertreten konträre Positionen, konzentrieren sich öffentlich aber auf ihre Opposition gegen Flüchtlingspolitik und Europäische Union. [ QUELLE : https://www.klimafakten.de/meldung/kungelei-oder-klare-beweislage-was-ist-das-eigentlich-konsens
]
Der Weltklimarat
(IPCC) ist eine Institution der
Vereinten Nationen, in deren Auftrag
Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler weltweit den
aktuellen Stand der Klimaforschung
zusammentragen und bewerten. Der
jüngste sogenannte Sachstandsbericht
liefert jede Menge Daten und
Analysen. In der Überschrift heißt
es:„Die Erwärmung des Klimasystems
ist eindeutig.“ Und: „Der Einfluss
des Menschen auf das Klimasystem ist
klar“.
Siehe auch https://ipcc.ch/report/ar5/syr/ ... Eine gute Quelle ist die Internationale Energieagentur mit Sitz in Paris. [ https://www.iea.org Basisfakten zum Klimawandel - Was wir heute übers Klima wissen - [ https://www.deutsches-klima-konsortium.de/de/basisfakten.html [ https://www.deutsches-klima-konsortium.de/fileadmin/user_upload/pdfs/Publikationen_DKK/basisfakten-klimawandel.pdf Debatten rund um den Klimawandel - Fakten aus der Wissenschaft - [ https://www.deutsches-klima-konsortium.de/de/klima-debatten.html [ https://www.deutsches-klima-konsortium.de/fileadmin/user_upload/pdfs/aktuelles/Fakten-aus-der-Wissenschaft.pdf Fakt ist: Über 90 Prozent der Klimaforscher sind überzeugt, dass maßgeblich der Mensch den Klimawandel verursachtVermutlich wird es immer Wissenschaftler geben, die den menschengemachten Klimawandel bestreiten – die große Frage ist aber, wie kompetent diese sind und wie verlässlich ihre Einschätzungen. Bekanntlich müssen Wissenschaftler ihre Meinungen mit Forschungsergebnissen und Daten untermauern, die einen strengen Begutachtungsprozess überstanden haben. Bei diesem sogenannten „Peer Review“-Prozess wird eine Veröffentlichung anderen Kollegen mit derselben Spezialisierung vorgelegt und so geprüft, ob sie überzeugende Einwände erheben. Eine Untersuchung aller peer-reviewten Veröffentlichungen zum Stichwort “globaler Klimawandel” aus dem Jahren 1993 bis 2003 ergab, dass nicht eine einzige Studie den Konsens bestritt, dass der Mensch die wesentliche Ursache des Klimawandels ist (Oreskes 2004). Drei Viertel der Studien stützten den Konsens, ein Viertel machte keine Aussage dazu, weil sie sich etwa mit methodischen oder erdgeschichtlichen Fragen befassten. (Mehr über Naomi Oreskes Untersuchung finden Sie hier.) Zahlreiche, voneinander unabhängige Studien zum Experten-KonsensSpätere Untersuchungen bestätigten diesen klaren Befund. Beispielsweise stellte eine Umfrage unter 3146 Geowissenschaftlern (Doran/Zimmermann 2009) folgende Frage: „Meinen Sie, dass menschliche Aktivitäten einen entscheidenden Einfluss auf die Veränderung der durchschnittlichen globalen Temperaturen haben?“ Von der Gesamtheit der Studienteilnehmer beantworteten 82 Prozent die Frage mit Ja. Hochinteressant ist der Vergleich der Antworten mit der Fachkompetenz des jeweils Antwortenden: Von den Geowissenschaftlern, die keine Klimatologen waren und auch keine einschlägigen Forschungsarbeiten veröffentlicht hatten, antworteten lediglich 77 Prozent mit Ja. Unter den befragten Meteorologen betrug die Zustimmungsrate nur 64 Prozent. Von den Geologen, die in der Privatwirtschaft arbeiten, bejahten bloße 47 Prozent die Frage. Demgegenüber antworteten von den ausgewiesenen Klimatologen, die auch aktuell Forschungsergebnisse zur Erderwärmung veröffentlicht haben, mehr als 97 Prozent mit Ja.
Abbildung 1: Antworten auf die Frage „Meinen Sie, dass menschliche Aktivitäten einen entscheidenden Einfluss auf die Veränderung der durchschnittlichen globalen Temperaturen haben?“ Zum Vergleich stellt der dunkelblaue Balken die Einschätzung der allgemeinen Öffentlichkeit (General Public) dar; Quellen: Doran/Zimmermann 2009 Das Papier kam zu dem Schluss: „Unter denen, die die Nuancen und die wissenschaftlichen Grundlagen von langjährigen Klimaprozessen verstehen, gibt es anscheinend so gut wie keine Debatte über die Tatsache der Erderwärmung und die Rolle der menschlichen Aktivitäten dabei. Die Herausforderung scheint eher zu sein, wie diese Tatsache wirksam an Politiker und die Allgemeinheit vermittelt werden kann, die fälschlicherweise von einer Debatte unter Wissenschaftlern ausgehen.“ Der überwältigende Konsens unter den tatsächlichen Experten wurde ein weiteres mal bestätigt durch eine unabhängige Studie, in der jene Klimawissenschaftler gezählt wurden, die Deklarationen für oder gegen den Konsens zur Erderwärmung unterzeichnet haben (Anderegg 2010): Demnach unterstützen 97 bis 98 Prozent der Klimaexperten die Konsensposition. Mehr noch, die Studie untersuchte außerdem die Anzahl von Veröffentlichungen der einzelnen Forscher, um so deren Fachexpertise abschätzen zu können. Ergebnis: Jene Wissenschaftler, die den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel bezweifeln, haben im Durchschnitt nur rund halb so viele Veröffentlichungen vorzuweisen wie Wissenschaftler, die den Konsens stützen. Auch Verheggen et al. 2014 ergab, dass mit höherer Expertise der Grad der Zustimmung zum Forscherkonsens zum Klimawandel zunimmt. Es gibt also nicht nur einen riesigen Abstand in der Zahl der überzeugten gegenüber der nicht überzeugten Experten – zwischen beiden Gruppen gibt es auch einen beachtlichen Unterschied bei der Fachkompetenz. Zugleich gibt es bisher keine einzige peer-rewiewte Forschungsarbeit, die die Erderwärmung des 20. Jahrhunderts ohne den menschlichen Einfluss physikalisch überzeugend erklären könnte.
Abbildung 2: Verteilung der Anzahl von Forschern, die überzeugt sind von den Belegen zur menschengemachten Erderwärmung (grüne Balken) gegenüber den nicht überzeugten (rote Balken), geordnet nach der Gesamtzahl ihrer Klimapublikationen (waaggerechte Skala); Quelle: Anderegg 2010 Im Jahr 2013 kam eine weitere, groß angelegte Untersuchung (Cook et al. 2013) zu einem ähnlichen Ergebnis: Von allen einschlägigen Fachveröffentlichungen, die zwischen 1991 und 2011 erschienen (ca. 12.000), erwähnten (in der Studienzusammenfassung) rund zwei Drittel die Ursachen der Erderwärmung nicht explizit - was wenig überrascht, weil die Ursachen in der Forschung als geklärt gelten und es in den meisten Studien um Detailfragen zu Klimawandel oder Klimaschutz ging. Ein knappes Drittel der Studien (32,6 Prozent) bekräftigte ausdrücklich den wissenschaftlichen Konsens zur menschengemachten Erderwärmung, nur 0,7 Prozent lehnten den Forscherkonsens ab, weitere 0,3 Prozent gaben sich in der Frage unsicher. Von den Studien also, die sich überhaupt zu diesem Punkt äußerten, stimmten 97,1 Prozent mit dem Forscherkonsens überein. (Eine Einladung an die betreffenden Forscherinnen und Forscher, ihre Veröffentlichungen selbst zu bewerten, bestätigte das prozentuale Ergebnis.) Besonders umfassend hat der US-Geologe James Powell den wissenschaftlichen Konsens untersucht – in mehreren Studien analysierte er Zehntausende von Fachveröffentlichungen zum Klimawandel. Für den Zeitraum von 1991 bis 2012 zum Beispiel kam er zu dem Ergebnis dass von 33.700 wissenschaftlichen Autoren lediglich 34 den Konsens bestritten. Eine überwältigende Mehrheit von 99,9 Prozent dieser Wissenschaftler ist demnach der Überzeugung, dass der Mensch für den beschleunigten Klimawandel hauptverantwortlich ist.
Abbildung 1: Der Forscherkonsens ist extrem breit – nur ein Tausendstel der Autoren, die zwischen 1991 und 2012 Forschungsaufsätze zum Thema in Fachjournalen veröffentlichten, zweifelt am menschlichen Einfluss auf das Klima; Quelle: Powell 2012 In weiteren Analysen bis einschließlich 2015 bestätigte Powell diese Größenordnung (Powell 2016, Powell 2017). Auf Powells Ergebnisse verwies auch die deutsche Bundesregierung im August 2019 in einer Antwort auf eine Bundestagsanfrage (BT-DS 19/12631). Im Jahr 2016 schließlich erschien eine Studie, die einen Überblick über zahlreiche Studien zum Thema gab - als "Meta-Studie" werden solche Arbeiten in der Wissenschaft bezeichnet (Cook et al. 2016). Auch ihr Ergebnis war eindeutig: Eine übergroße Mehrheit von "90 bis 100 Prozent" der Klimaexperten teilt den Konsens, dass der Mensch hauptverantwortlich für den gegenwärtigen Klimawandel ist. Diese Meta-Untersuchung ergab außerdem, dass der Grad des in Studien ermittelten Konsens' stark davon abhängig ist, wie sachkompetent die Befragten sind: Unter Klimaforschern, die tatsächlich auf dem Gebiet aktiv sind (also auf viele begutachtete Veröffentlichungen in Fachjournalen verweisen können) ist die Übereinstimmung nahe hundert Prozent. Hingegen findet sich eine deutlich niedrigere Einigkeit über die Ursachen des gegenwärtigen Klimawandels, wenn man Wissenschaftler (oder Laien) befragt, die in anderen Forschungsfeldern oder gar nicht wissenschaftlich aktiv sind. Zahlreiche Wissenschaftsorganisationen bestätigen den Experten-KonsensEin zusätzliches Indiz für einen verlässlichen Konsens ist die große Zahl von Wissenschafts-Organisationen, die der Position zustimmen, dass der größte Anteil an der globalen Erwärmung der letzten Jahrzehnte auf menschliche Aktivitäten zurückgeführt werden kann:
Ein Brief von 18 wissenschaftlichen Organisationen an den US-Kongress enthält folgende Aussage: "Beobachtungen auf der ganzen Welt zeigen deutlich, dass Klimawandel stattfindet und sorgfältige wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Treibhausgase der Hauptantrieb dafür sind. Diese Schlussfolgerungen basieren auf mehreren unabhängigen Beweisketten – gegensätzliche Behauptungen stehen im Widerspruch zu einer objektiven Beurteilung der großen Menge von durch Experten begutachteten Studien." Weiterhin vertreten Wissenschafts-Akademien aus 80 Staaten den Konsens (sie sind in Abbildung 3 zusammengestellt), dreizehn Länder haben eine gemeinsame Erklärung unterschrieben, der zufolge "der Klimawandel real" und "eine umgehende Reaktion" der Politik darauf nötig ist:
Abbildung 3: Länder der Erde, deren Wissenschaftsakademien den Forscherkonsens zum Klimawandel teilen; Quelle: SkepticalScience.com Der US-amerikanische Wissenschaftler Peter Gleick hat zahlreiche Statements von Wissenschaftsorganisationen zusammengetragen und kommt zu dem Ergebnis: "Nicht eine einzige Nationale Wissenschaftsakademie bezweifelt oder bestreitet den wissenschaftlichen Konsens rund um den Klimawandel." All dies bedeutet natürlich nicht, dass es keinerlei Veröffentlichungen gäbe, die die Konsensposition ablehnen. Der Mediziner Klaus-Martin Schulte untersuchte zwischen 2004 und Februar 2007 Abhandlungen und behauptete danach, er habe 32 Studien gefunden (das entspräche sechs Prozent), die den Konsens ablehnten. Doch eine genaue Überprüfung ergibt, dass Schultes Zählung falsch und irreführend ist. Auch die oben erwähnte Studie von Naomi Oreskes wurde mehrfach angegriffen – ihr wohl bekanntester Kontrahent, Benny Peiser, hat inzwischen seine Kritik zurückgezogen. Bei den wesentlichen Grundaussagen zum Klimawandel - dass sich die Erde seit Jahrzehnten signifikant erwärmt und der Mensch die Hauptursache dafür ist - gibt es also einen soliden Konsens. Wer dies bestreitet, kann sich nicht auf die Klimawissenschaft berufen. Daneben jedoch gibt es natürlich eine große Zahl von Detailfragen, zu denen noch eine Menge Forschungsarbeit zu leisten ist. Und darüber, wie Staaten, Wirtschaft und Gesellschaft am besten auf den menschengemachten Klimawandel reagieren sollten, lässt sich trefflich streiten - darüber aber haben nicht Wissenschaftler zu entscheiden, sondern es ist eine politische Debatte. [ QUELLE : https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibt-noch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel ] Essay: Sieben Beweise und 3.750 ExpertenMeinungWie ich es sehe? Nun, Angst vor Handystrahlen habe ich keine. Eltern, die ihre Kinder nicht gegen Kinderlähmung, Diphterie und Masern impfen lassen, handeln in meinen Augen fahrlässig. Andererseits: Medizinkritiker, die mit statistischen Daten zeigen, dass ein Großteil von Krebs-Vorsorgeuntersuchungen aus medizinischer Sicht überflüssig sind, finden bei mir ein offenes Ohr. Was genveränderte Lebensmittel betrifft, mache ich mir weniger Sorgen um meine Gesundheit, als vielmehr um die wachsende Macht jener Unternehmen, die gentechnisch verändertes Saatgut und, als passendes Zubehör, Pestizide herstellen (gegen die die genmanipulierten Nutzpflanzen resistent sind). Und, ja: Ich halte es für ausgemacht, dass es einen Klimawandel gibt, der von Menschen verursacht wird, und dass wir deutliche Anstrengungen unternehmen sollten, diesen bremsen. Ergibt all das zusammen ein schlüssiges Bild, ein Muster? Dieses vielleicht: Ich habe Vertrauen in die Wissenschaft, aber mit Vorbehalten. Ich denke, dass es zuweilen rational sein kann, individuell anders zu entscheiden, als die Experten es als generelle Regel empfehlen. Bin misstrauisch gegenüber Großunternehmen und ihrem Einfluss. Von solchen Mustern im Umgang mit Wissenschaft und Expertenpositionen hängt viel ab - mehr, als man denken sollte: Was kaufen wir ein? Welche Parteien wählen wir? Wie investieren wir unser Geld? Und welchen Lebensstil führen wir? Bei all diesen zentralen Fragen spielt unser Umgang mit Wissenschaft eine zentrale Rolle – und zwar meist mehr oder weniger unbewusst. Tatsächlich orientieren wir uns nämlich bei der Beurteilung von Sachfragen vor allem daran, wie wir bereits in ähnlichen Dingen geurteilt haben. Und wir schenken Spezialisten Glauben, die uns von ihrem Stil her nahestehen. Der
amerikanische Psychologe
Dan Kahan hat derlei
sogar in Experimenten
mit kostümierten
Experten nachweisen
können.1
Sein Fazit: Bei der
Beurteilung von Dingen
wie dem Klimawandel,
aber auch den Risiken
der Gentechnik oder auch
des Impfens verhalten
wir uns im Grunde nicht
anders als
Fußballfreunde in der
Fankurve: Wir urteilen
wie unser soziales
Umfeld – und versuchen,
neue Fragen vertrauten
Kategorien zuzuordnen.
Im Zweifel sind uns
Lebensstil und
kulturelle
Deutungsmuster wichtiger
als
naturwissenschaftliche
Fakten und deren
Interpretation.2
Bezogen auf den Klimawandel stößt diese intuitive Herangehensweise an Wissenschaft jedoch an ihre Grenzen. Denn das Dumme an der ganzen Sache ist: Anders als Fußballfreunde im Stadion sind wir, wenn wir über den Klimawandel streiten, am Ende alle am gleichen Spielausgang interessiert: dem Wohl der Gesellschaft. Zeit also, sich von den stereotypen Mustern zu lösen. Nur: Kann ein verständiger, bewusster Umgang mit Wissenschaft funktionieren, wenn man von den Einzelheiten der Klimaforschung keine Ahnung hat? FaktenSicherlich: die
Basisfakten sind
unbestritten. Seitdem
wir Menschen nicht nur
das Feuer erfunden
haben, sondern zudem in
großem Maße fossile
Brennstoffe nutzen,
setzen wir ungeheure
Mengen an Kohlendioxid
und anderen
Treibhausgasen3
frei. Entsprechend
steigt der CO2-Gehalt
in der Erdatmosphäre –
besonders stark in den
vergangenen Jahrzehnten.
Der Anstieg von CO2
in der Atmosphäre
wiederum führt zu einem
vermehrten Treibhauseffekt.
Die Erde kann immer
weniger der von der
Sonne empfangenen Wärme
wieder abstrahlen. Die
Temperatur auf dem Land,
in der Luft und in den
Ozeanen steigt. Über das meiste, was über diese durch zahlreiche Beobachtungen gestützte Basisannahmen hinausgeht, lässt sich trefflich streiten. Selbst
biologisches und
physikalisches
Grundwissen scheint zur
Diskussion zu stehen.
Ein Beispiel: Auf einer
Internetseite mit dem
Titel „Fehler der
Wissenschaft“ berichtet
ein Hobbyforscher
darüber, wie er den CO2-Gehalt
in einem geschlossenen
Behälter gemessen hat,
in dem sich Pflanzen
befinden4.
Sein Resultat: Wie alle
anderen Organismen
verbrauchen auch
Pflanzen Sauerstoff und
geben Kohlendioxid
ab. Weshalb die
Photosynthese ein
Märchen sei und CO2
kein Klimakiller. Wenn
man einmal von der
letzten Schlussfolgerung
absieht (die aus den
beobachteten Daten nicht
folgt): Die Versuche –
auf der Webseite
ausführlich beschrieben
– scheinen solide zu
sein. Zumindest wüsste
ich als
Nicht-Naturwissenschaftler
aus dem Stehgreif nicht,
was falsch daran sein
könnte. Wissen Sie es?
Auch jene Details im Zusammenhang mit dem Klimawandel, die eigentlich als gesichert gelten, sind immer wieder Gegenstand von Kontroversen. Aber was will man erwarten? Auch
in vergleichbaren
anderen Fällen wurde
über wissenschaftliche
Erkenntnisse gestritten.
Die Gefahren
beispielsweise erst des
Rauchens, dann des
Passivrauchens konnten
jahrelang von Experten,
die im Auftrag der
Tabakindustrie
systematisch Lobbyismus
betrieben, erfolgreich
bezweifelt werden. Dabei
konnten sie sich auf das
Argument stützen, dass
die verfügbaren
statistischen Daten
keinen hundertprozentig
sicheren
Kausalzusammenhang
zwischen Krebs und
Passivrauchen belegen
konnten. Erst, als die
politische Entscheidung,
den Nichtraucherschutz
auszuweiten,
unwiderruflich getroffen
war, verstummten die
Skeptiker.
Ihre Erfolgsbilanz: Obwohl die Gesundheitsrisiken durch Passivrauchen bereits seit Mitte der 80er Jahre als erwiesen galten, wurde ein entsprechendes politisches Handeln über viele Jahre hinweg verhindert. In Deutschland konnte noch in den 90er Jahren ein Angestellter, der sich darüber beschwert hatte, dass er ein Büro mit einem Raucher teilen musste und der es ablehnte, eine Einverständniserklärung zu unterzeichnen, von seinem Arbeitgeber entlassen werden.5 Wer sich solche Entwicklungen vor Augen hält, wird nur geringe Erwartungen hegen, was die unwiderlegbare Beweisbarkeit des menschengemachten Klimawandels betrifft. Zumindest werden viele wissenschaftliche Positionen auch dann noch angezweifelt, wenn die Beweislage geradezu erdrückend ist. Meeresspiegel-Anstieg: Wer hat Recht?So sprechen die Daten vieler Parameter, die mit dem Klimawandel einhergehen, eigentlich eine sehr deutliche Sprache. Der Anstieg des Meeresspiegels in den vergangenen Jahrzehnten beispielsweise ist von weltumspannenden Forschungsprogrammen hervorragend dokumentiert. Dennoch gibt es auch darüber Kontroversen. Ein Artikel auf Spiegel Online beispielsweise legte im Juli 2011 die Vermutung nahe, dass der deutliche Anstieg vor allem dadurch zu erklären sei, dass man von der Pegel- zur Satellitenmessung übergegangen sei.6 Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung widersprach in seinem Blog entschieden.7 Wer also hat Recht? Der Spiegel-Redakteur hat im Laufe etlicher Berufsjahre sicherlich viel Gelegenheit gehabt, sich mit dem Thema zu befassen. Stefan Rahmstorf, Universitätsprofessor für Physik der Ozeane und Forschungsbereichsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, hat darüber hinaus eine lange Liste von Publikationen in einschlägigen Fachzeitschriften vorzuweisen, deren Beiträge vor Veröffentlichung in einem mehrstufigem Verfahren durch Fachgutachter geprüft werden. Ein Großteil der Veröffentlichungen entfällt auf Nature, Science und die Proceedings of the National Academy of Sciences, also auf die weltweit meistbeachteten wissenschaftlichen Zeitschriften. Wer es schafft, hier zu veröffentlichen, muss Forschungsergebnisse von herausragendem wissenschaftlichem Erkenntniswert vorzuweisen haben. Zugleich steht er damit sozusagen unter intensivster Beobachtung. Was im Umkehrschluss bedeutet: Was in diesen Zeitschriften publiziert wurde und dann auch der professionellen Kritik der wissenschaftlichen Community standhält, ist wirklich niet- und nagelfest. Andererseits ging es bei dem Streit um den Artikel auf Spiegel Online nicht nur um die Frage, ob der Meeresspiegel steigt oder nicht, sondern auch darum, die widerstreitenden Meinungen der Experten abzubilden und auch zu beurteilen - darunter auch Meinungen von Rahmstorfs "Konkurrenten". Ist in einer solchen Angelegeneheit eine Koryphäe wie Rahmstorf immer noch die erste Adresse für Wahrheit und Objektivität? Abgesehen davon: Ich kann mir vorstellen, dass jemand, der einen noch längeren Atem hat als Rahmstorf, einen noch ausführlicheren Blogbeitrag schreibt und das, was Rahmstorf sagt, wieder auseinandernimmt. Will sagen: Selbst dort, wo die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler eine Frage für entschieden erachtet, ist schnell ein Punkt erreicht, wo wir Nicht-Experten vieles nicht mehr nachvollziehen können. Nicht nur, weil es kompliziert wird – sondern auch, weil einfach niemand Zeit hat, die vielen Stellungnahmen und Gegen-Stellungnahmen zu lesen. Dabei sollte der Meeresspiegel noch eine einfache Übung sein. Viele, wenn nicht die meisten Faktenaussagen, die in der Debatte um den Klimawandel im Umlauf sind, sind auf direktem Wege empirisch gar nicht nachmessbar. Schon die Wahrheit von beobachtungsleitenden Thesen wie „Wenn sich die Atmosphäre im Laufe der Jahre nachts stärker erwärmt als tags, dann ist das typisch für den Klimawandel“ lässt sich nirgendwo am Thermometer ablesen. Und auch die viel zitierte „Klimasensitivität“, die angibt, wie stark sich das Klima erwärmt, wenn sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre verdoppelt, ist keine Größe, die man irgendwo in der Natur direkt beobachten könnte. Das hängt damit zusammen, dass gleich mehrere Faktoren, - die zudem einander auch noch beeinflussen -, dafür verantwortlich sind, wie stark das Klima auf eine veränderte CO2-Konzentration reagiert. Zunächst
hat das CO2
eine unmittelbare
Wirkung: Die durch
Sonneneinstrahlung auf
der Erde entstandene
Wärme kann nicht mehr
ungehindert in Richtung
Weltraum entweichen,
sondern wird von der
CO2-haltigen Atmosphäre
wie von einem
Schutzschild auf die
Erde zurückreflektiert.
Dieser Effekt lässt sich
im Labor genau
rekonstruieren und
messen. Nun kommen
jedoch noch
Rückkoppelungseffekte
hinzu. Mit dem Anstieg
der Temperatur nimmt
auch der Gehalt von
Wasserdampf in der Atmosphäre
zu. Wasserdampf ist wie
CO2 ein
Treibhausgas – er
verhindert das
Abstrahlen der
Sonnenwärme in den
Weltraum. Auf der
anderen Seite verursacht
Wasserdampf aber auch
Wolkenbildung. Wolken
schirmen die Erde von
Sonnenstrahlen ab – und
haben deshalb einen
kühlenden Effekt. Diese
konträren Effekte machen
die Bestimmung der Klimasensitivität
so schwierig. Um sich zu
behelfen, haben
Klimaforscher deshalb
die verfügbaren Klimamodelle
mit Daten aus
vergangenen
Jahrtausenden gefüttert
und geprüft, wie gut die
unterschiedlichen
Modelle in der Lage
sind, eine ganze Reihe
von Klimaereignissen
korrekt zu simulieren –
und beispielsweise auch
„rückwärts“ genau die
Daten zu errechnen, die
man in der Vergangenheit
bereits gemessen hat.
Auf der Basis von diesem
und von anderen
Verfahren ist man sich
heute sehr sicher, dass
die Klimasensitivität
in einem Bereich
zwischen 1,5 und 4,5
Grad Celsius liegt.
Innerhalb dieser Spanne
gilt der Wert von drei
Grad als der
wahrscheinlichste aller
Werte.
„Zweifel ist unser Geschäft“Daraus, dass sich die
relevanten Daten nicht
alle direkt in der Natur
beobachten lassen, folgt
freilich nicht, dass der
Klimawandel nicht
bewiesene Sache ist. Nur
dass es „Kontroversen“
gibt, sollte einen nicht
verwundern. Im
Gegenteil. Selbst ich
mit meinem geringen
Kenntnisstand könnte
ohne große Mühen eine
„Anleitung für
Klimaskeptiker“
zusammenstellen.8
Methode Nummer eins
(derer sich übrigens
auch Verkäufer von
Aktienfonds gern
bedienen): Man wähle den
Ausgangspunkt einer
Zeitreihe mit Daten, die
man als Beweisgrundlage
heranziehen will, so
aus, dass die eigene
These gestützt wird.
Irgendein Ausschnitt,
der passt, lässt sich
immer finden! Und jeder
auch noch so simple
Trick wird von irgend
jemandem angewendet. Oft
steckt dahinter bloßes
Eigeninteresse. „Doubt
is our product“ („Wir
produzieren Zweifel“):
mit diesem Slogan
brachte einmal eine
Werbeagentur, die für
die Tabakindustrie tätig
war, ihr
Selbstverständnis auf
den Punkt.9 Eine Vielzahl von BeweisenSind wir Laien also von der Existenz des menschengemachten Klimawandels mit Argumenten und wissenschaftlichen Details schlichtweg nicht zu überzeugen? Vielleicht gibt es einen Weg, der uns weniger Sachverstand abfordert. Denn wenn auch jeder einzelne Baustein in den Theorien der Klimaforscher angreifbar ist: Ist nicht die Tatsache, dass eine Vielzahl voneinander unabhängiger Befunde für die Existenz des menschengemachten Klimawandels sprechen, ein starkes Indiz dafür, dass der Trend der Forschung richtig liegt? Die Befunde sind bekannt und auf den einschlägigen Webseiten – so auch dieser – aufgelistet.
Eine beeindruckende Reihe von Argumenten! Doch anders als bei einer Abwägung von Vor- und Nachteilen, die für einen Vorschlag sprechen, lassen sich Argumente, welche die Wahrheit einer These begründen, nicht so ohne weiteres addieren: Zwei Beweisgründe, welche dafür sprechen, dass eine These mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit wahr ist, ergeben zusammen genommen eben noch keinen Beweis für hundertprozentige Wahrheit. Aber lässt sich aus der Vielzahl von unabhängigen Beweisen nicht dennoch ein Argument gewinnen? Zwei Ansatzpunkte fallen mir dazu ein. Zunächst, ganz generell: Aus der Forschung über Verfahren der kollektiven Entscheidungsfindung („smart crowds“) weiß man, dass ein Ergebnis größere Chancen hat, richtig zu sein, desto mehr Informationen in eine Beweisführung oder Urteilsfindung eingehen.18 Innerhalb von Teams kann Diversität von Informationen dadurch erreicht werden, dass möglichst unterschiedliche Experten zu Rate gezogen werden. Diese dürfen einander allerdings nicht beeinflussen – sonst kommt es zu Effekten, wie man sie aus Spekulationsblasen kennt (in der Verhaltensforschung behandelt als „Informationskaskaden“19) oder zur Radikalisierung der Meinungen von Diskussionteilnehmern (bekannt als „Pooling“20). Sollte man nicht, was für Experten gilt, auch auf Beweisverfahren übertragen können? Die Tatsache, dass die Beweise für die Existenz des menschenverursachten Klimawandels auf methodisch voneinander unabhängigem Wege erbracht worden sind, wäre dann zugleich eine Garantie dafür, dass auch eine große Menge unterschiedlicher Informationen in die Beweisführung eingeflossen ist. Und dies wiederum wäre ein starkes Indiz dafür, dass die Prognosen der vereinten Klimaforschung besser sind als andere denkbaren Klimaprognosen. Können einzelne Schwachpunkte eine ganze Beweiskette aufbrechen?Zweitens. Es mag viele
Einwände geben, die sich
gegen den einen oder den
anderen Punkt in der
Beweisführung richten.
Manche dieser Einwände
mögen punktuell sogar
recht überzeugend sein.
Aber: Jeder Einwand muss
in Einklang mit allen
anderen Punkten in der
Beweisführung stehen,
oder aber entstehende
Widersprüche plausibel
erklären können. Je
größer die Menge der
bereits vorgebrachten
Beweise, desto
schwieriger wird es,
alternative Erklärungen
glaubhaft zu machen. In
der Wissenschaftstheorie
wird dieser Sachverhalt
als Basis für Verfahren
genutzt, um die
Stichhaltigkeit von
Theorien zu überprüfen.
Lässt sich das Prinzip
nicht auch auf die Frage
des Klimawandels
übertragen?21 Expertenkonsens: Kein ernstzunehmender Wissenschaftler widersprichtDass die Beweise für
den Klimawandel mittels
unterschiedlicher
Messdaten erbracht
worden sind und von
Wissenschaftlern
unterschiedlicher
Disziplinen, ist eines.
Davon zu unterscheiden
ist die Tatsache, dass
nahezu die Gesamtheit
der Experten von der
Existenz des
menschengemachten
Klimawandels überzeugt
ist. „Mehr als 2.500
wissenschaftliche
Gutachter und über 800
Zweitautoren und 450
Erstautoren aus mehr als
130 Ländern haben in
sechsjähriger Arbeit
gemeinsam einen Report
verfasst.“ So beschrieb
der Weltklimarat der
Vereinten Nationen, das
Intergovernmental Panel
on Climate Change (IPCC),
seinen Klimareport 2007.
Ist diese geballte Macht
von zusammengerechnet
3.750 Experten ein Indiz
für die Richtigkeit des
Berichtes? Ferner zeigen ausführliche Analysen der Forschungsliteratur, dass kaum ein ernstzunehmender Wissenschaftler die Existenz des menschenverursachten Klimawandels bestreitet. So ging aus einer 2010 veröffentlichten Analyse der Veröffentlichungen von knapp 1.400 Klimaforschern hervor, dass unter den 50 Klimaforschern mit den meisten und den meistzitierten Veröffentlichungen lediglich zwei Prozent vom „Konsens“ des IPCC nicht überzeugt waren. 97 Prozent aller Klimaforscher hingegen waren mit dem IPCC einer Meinung. In der Gruppe der Nichtüberzeugten wurde zudem ein durchweg geringes Level an Expertise festgestellt. 80 Prozent der Nichtüberzeugten hatten weniger als 20 Fachpublikationen zum Thema Klimawandel vorzuweisen. So wenige Publikationen hatten unter den vom Klimawandel überzeugten Wissenschaftlern nur zehn Prozent.25 „Die Klimaforschung ist eine geschlossene Gesellschaft?“ – Eine schöne These. Belege? FehlanzeigeDennoch gibt es genug
Gründe, aus denen man
der Aussagekraft
wissenschaftlicher
Autorität misstrauen
könnte. Zunächst: Wer
veröffentlicht in
Fachzeitschriften, deren
Beiträge ein
Begutachtungsverfahren (peer
review)
durchlaufen und wer
nicht? Macht sich
jemand, der eine vom IPCC
abweichende Meinung
vertritt, nicht
vielleicht von
vornherein unmöglich –
so dass es kein Wunder
ist, wenn die
Nichtüberzeugten weniger
und weniger
prestigträchtige
Veröffentlichungen
aufzuweisen haben? Ist
die Forschung selbst
voreingenommen? Unter
den hundert Lesern, die
ihm auf den Blogeintrag
antworteten, behaupteten
vier, ihre gegenüber dem
Klimawandel skeptischen
Forschungsartikel seien
nicht veröffentlicht
worden. Ein
Schweigekartell der
Klimaforscher? Black
wollte es noch genauer
wissen und bat die vier
Leser, ihm die Artikel
zuzusenden. Drei kamen
der Bitte nach; einer
wollte noch auf die
Antwort einer weiteren
Fachzeitschrift warten,
bevor er die Ergebnisse
aus der Hand gab. Von
den drei eingesandten
Berichten befand sich
einer noch in einer
nicht endgültig
fertiggestellten
Fassung. Der zweite war
eine Rezension, welche
die Position des IPCC
unterstützte. Der dritte
Bericht stammte von dem
US-Meteorologen Reid
Bryson, der behauptete,
Schwierigkeiten mit der
Veröffentlichung von
Studien zu haben, welche
Vulkantätigkeit für den
Klimawandel
verantwortlich machten.
In allen Fällen waren
Ablehnungsschreiben der
Redaktionen, bei denen
die Autoren die Artikel
eingereicht hatten,
nicht mehr verfügbar.
Ein fünfter Leser
schließlich beschwerte
sich darüber, dass
Magazine der
Publikumspresse seine
Leserbriefe nicht
drucken würden. Das war
alles.
Blacks Resümee: „Niemand behauptete, dass man ihn von der Teilnahme am IPCC ausgeschlossen oder dass man ihm eine Anstellung oder eine Beförderung verweigert hätte. Niemand behauptete, entlassen worden zu sein oder auch zu einer Konferenz nicht eingeladen worden zu sein“ - offenbar, weil es derartige Fälle schlicht nicht gab.27 Wankelmut der Forschung: In manchen Disziplinen scheinen 180-Grad-Wendungen an der TagesordnungSelbst wenn man davon ausgeht, dass in der Wissenschaft alles mit fairen Dingen zugeht, gibt es immer noch Gründe, daran zu zweifeln, dass Reputation ein Wahrheitsgarant ist - auch wenn diese das Ergebnis jahrelanger Arbeit unter den Augen kritischer Kollegen ist. Schließlich sind genug Fälle bekannt, in denen die versammelte Expertenschaft versagt hat. Erst jüngst etwa
brach die
Finanzkrise für die
praktisch gesamte
Zunft der
Wirtschaftswissenschaftler
wie aus heiterem
Himmel herein.
Berüchtigt für
kollektives Versagen
ist auch die
Ernährungsforschung.
Alle paar Jahre,
scheint es, macht
sie mit ihren
Empfehlungen eine
Kehrtwende um 180
Grad. Dass zum
Beispiel der Genuss
von Butter
verantwortlich ist
für hohe
Cholesterinwerte im
Blut, ist
mittlerweile mehr
als umstritten. Und
selbst, dass fettes
Essen dick macht,
mag die Wissenschaft
nicht mehr unbedingt
unterschreiben.
„Was, wenn es alles
nur eine fette Lüge
war?“ So übertitelte
das Magazin der New
York Times im Sommer
2002 einen langen
Essay des
Wissenschaftsjournalisten
Gary Taubes. Der
mehrmalige Träger
des National
Association of
Science Writer’s-Preises
vertrat darin die
Auffassung, dass die
in den USA zur
Volkskrankheit
gewordene
Übergewichtigkeit
nicht die Folge zu
fettreicher
Ernährung,
mangelnder Bewegung
und ungehemmter
Völlerei sei,
sondern, ganz im
Gegenteil, die
direkte Auswirkung
jener fettarmen,
dafür aber
kohlenhydratreichen
Ernährung (Getreide,
Brot und
Kartoffeln), die von
den
Gesundheitsorganisationen
seit Jahr und Tag
empfohlen wird.
Folgt aus solchen
lebensnahen
Beispielen nicht,
dass man auch dem
Expertenkonsens in
Sachen Klimawandel
mit grundsätzlicher
Skepsis begegnen
sollte? Finanzkrise 2008: Der Mainstream der Wirtschaftsforschung irrte totalSchwieriger gestaltet es sich, gute Erklärungen für das kollektive Versagen der Wirtschaftsforscher zu finden. Sind die Gleichgewichtsmodelle der Ökonomen schlichtweg nicht komplex genug? Sollte die Wirtschaftsforschung besser auf viel breiterer Datenbasis operieren als bisher üblich und aufwändige Simulationen nach dem Vorbild der Klimaforschung verwenden? Solche Fragen werden derzeit viel diskutiert.28 Wie immer die Diskussion ausgehen wird: Ganz vom Tisch wischen lässt sich der Einwand tatsächlich nicht, dass der Mainstream einer Wissenschaft in wesentlichen Fragen irren kann. Aber was folgt daraus? Doch wohl nur, dass es sich lohnt, Kritik und Skepsis ernstzunehmen – und, dass eine Mehrheitsmeinung zwar kein Garant, aber doch ein starkes Indiz, für die Wahrheit einer Theorie ist. Hat man auch in Sachen Klima die Wissenschaft grundlegend geirrt? Meine Generation kann sich noch gut an das Waldsterben erinnern. Davon las man seinerzeit sogar in Jugendbüchern. Heute redet niemand mehr davon. Dennoch: im Rückblick hat wohl nicht zuletzt die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema dazu geführt, dass Autos heute nur noch mit Katalysator gebaut werden, dass eine neue Großfeuerungsanlagenverordnung erlassen wurde. Die in der Folge in Kohlekraftwerke eingebauten Rauchgasentschwefelungsanlagen haben die Emissionen, die als Ursachen für das Waldsterben identifiziert wurden, denn auch drastisch reduziert. Das Ausbleiben eines sichtbaren und flächendeckenden Waldsterbens widerlegt also keineswegs die seinerzeitigen wissenschaftlichen Warnrufe. Ein weiteres Beispiel sind die in den frühen 70er Jahren herumgeisternden Szenarien einer neuen Eiszeit. Ein Irrtum der Wissenschaft? Eher nicht. Zum einen handelte es sich hier um keine Mainstream-Meinung, sondern um eines von verschiedenen, einander widersprechenden Szenarien, die in Betracht gezogen worden. Außerdem wurden die Eiszeit-Prognosen in dem Maße revidiert, wie die Kenntnisse über Klimaveränderungen zunahmen und sich die Klimaforschung überhaupt erst als Wissenschaft auszubilden begann.29 Gewissermaßen waren die vereinzelten Horrorszenarien einer bevorstehenden neuen Eiszeit selbst mit ein Grund dafür, dass überhaupt in die Klimaforschung investiert wurde. Anfang der 70er verschmelzen zahlreiche Disziplinen zur KlimaforschungIn der
Tat begann sich die
Klimaforschung erst
in den 70er Jahren
als eigenständige
Disziplin aus
Meteorologie,
Ozeanografie,
Geografie, Geologie,
Hydrologie, und
Ökologie
herauszubilden. Eine
Wissenschaft, die
nicht mehr, wie die
Klimaforschung anno
dazumal mit
statistischen Daten
arbeitete, sondern
physikalische
Modelle und
Kalkulationen
verwendete. 1977
wurde die
Fachzeitschrift Climatic
Change
gegründet.
Regierungen
vervielfachten die
Förderung. Die USA
richteten die National
Oceanic and
Atmospheric
Administration
ein, welche die
Ozeanographie mit
der Meteorologie
auch auf
Institutionenebene
verschmolz. 1979
fand die erste
Weltklimakonferenze
statt. Das World
Climate Research
Program wurde
gegründet; Mitte der
80er Jahre folgte
das International
Geosphere-Biosphere
Program. Die
Entwicklung
kulminierte
schließlich in der
Gründung des
Intergovernmental
Panel on Climate
Change (IPCC),
der in regelmäßigen
Abständen alle
relevanten
Forschungserkenntnisse
zum Klimawandel
zusammenfassen und
bewerten sollte. Die kurze Geschichte
der Klimaforschung
zeigt, dass die
Veränderung, ja sogar
die Revision etablierter
Meinungen innerhalb der
Klimaforschung nicht nur
möglich ist, sondern
auch immer wieder
passiert ist. Aber kann
das ein Argument gegen
die Verlässlichkeit der
Forschung sein? Eher
trifft doch das
Gegenteil zu: Gerade die
Revision einst
etablierter Positionen
deutet darauf hin, dass
hart darum gerungen
wird, belastbare
Erkenntnisse zu
gewinnen. Der IPCC-Prozess: Wissenschaft nach dem Vatikan-Prinzip?„Was uns als Tatsachen,
als harte Fakten
verkauft wird, ist eine
Ahnung, ein vielfacher
Konjunktiv, ein Könnte,
Möglicherweise, ein
Wahrscheinlich und
Vermutlich“, schrieb
2007 der Journalist Wolf
Lotter in einem
Kommentar im
Wirtschaftsmagazin brand
eins. Nicht der
Wissenschaft galt dabei
Lotters Argwohn –
sondern den
wissenschaftspolitischen
Institutionen, die aus
dem vermeintlichen
„Möglicherweise“ der
Forschung eine nicht
hinterfragbare Tatsache
ableiteten. „Der IPCC
besteht aus vielen
Forschern, mit recht
unterschiedlicher
Meinung und sehr
unterschiedlichen
Auffassungen über die
Frage, ob der Mensch
mehr oder weniger am
Klimawandel beteiligt
ist“, resümiert Lotter.
Schon dass, via Konsens,
aus vielen Meinungen
eine gemeinsame Linie
gebildet wird, erinnert
ihn an Praktiken des
Vatikan. Aber das
eigentliche Problem
sieht Lotter in der
Kurzfassung des
Berichts: „Wenn der IPCC-Konsensprozess
der Forscher
abgeschlossen ist,
beginnt ein breit
angelegter
Redaktionsprozess, bei
dem nicht mehr die
Forscher, sondern die
Politiker und Lobbyisten
das Sagen haben.“30 Es
handelte sich um einen
bloßen Zahlendreher. Aus
der Prognose, dass die Gletscher
des Himalaya bis zum
Jahr 2350 geschmolzen
sein würden, wurde so
die Alarmmeldung, dass
die Gletscher
bereits 2035
verschwunden sein
würden.
Beunruhigt durch den
Schnitzer, hat – neben
zahlreichen anderen
Gremien – im Anschluss
an den
Gletschergate-Skandal
die PBL Netherlands
Environmental
Assessment Agency
den 2007
veröffentlichten Vierten
Sachstandsbericht des IPCC
(im Jargon „AR4“
genannt) in einem
öffentlichen Verfahren
auf mögliche
Unstimmigkeiten bei den
Zusammenfassungen hin
akribisch untersucht.
Das Ergebnis: kleine
Fehler hier und da –
aber keine groben
Schnitzer und schon gar
nicht systematische
Verzerrungen der Art,
wie der Journalist
Lotter sie vermutete.32 Abstrakt betrachtet, lässt sich der Vorwurf der 'Konsenfalle' wohl kaum bestreiten. Vermutlich ist das tatsächliche Meinungsspektrum breiter gestreut, als dies der Konsens des IPCC zum Ausdruck bringt. Dazu kann man nur sagen: Hoffentlich! Denn wenn es anders wäre und alle Wissenschaftler sich bis ins Detail einig wären, dann wäre die Arbeit des IPCC, der den Wissensstand zur Klimaforschung in einem aufwändigen Redaktionsprozess zusammenfasst, überflüssig und eine ärgerliche Ressourcenverschwendung. Und auch wenn die Berichte des IPCC am Ende von den Expertenteams gemeinsam, in diesem also konsensuell, verfasst werden: Wer sich einen solchen Bericht anschaut, sieht schnell, dass hier sehr ausführlich auf Unsicherheiten eingegangen wird, die aus unterschiedlichen Meinungen, aber auch aus anderen Unwägbarkeiten resultieren.35 Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten werden offengelegtDie neueren Berichte
des IPCC
unterscheiden zwei
verschiedene Formen von
Unsicherheit: Wahrscheinlichkeit
der Prognose und
Zuverlässigkeit der
Prognose.36
Für
Wahrscheinlichkeitsaussagen
verwendet der Bericht
anstelle von
Prozentangaben Begriffe
wie „wahrscheinlich“
oder „sehr
wahrscheinlich“. So
heißt es zum Beispiel,
dass die Temperaturen
auf der nördlichen
Erdhalbkugel in der
zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts sehr
wahrscheinlich
(very likely) höher
waren als in jeder
anderen
50-Jahres-Periode in den
vergangenen 500 Jahren
und wahrscheinlich
(likely) höher als in
jeder anderen
50-Jahres-Periode in den
vergangenen 1.300
Jahren. „Sehr
wahrscheinlich“ ist
dabei definiert als „mit
einer Wahrscheinlichkeit
von über 90 Prozent“,
„wahrscheinlich“ als
über 66 Prozent. Davon, dass unter Konsenszwang Argumente und Meinungen unter den Tisch gekehrt würden, ist all dies weit entfernt.38 Am Ende einer Gedankenreise: Wer kann beweisen, dass es das Ungeheuer von Loch Ness nicht gibt?Wohin hat nun der Versuch geführt, mit Laienverstand und quasi von außen die Prognosen der Klimaforscher zu beurteilen? Nun: Auch wenn jeder einzelne Baustein in den Theorien der Klimaforschung angreifbar ist – bereits, dass eine Vielzahl voneinander unabhängiger Belege für die Existenz des menschengemachten Klimawandels sprechen, ist ein starkes Indiz dafür, dass der Trend der Forschung richtig liegt. Außerdem macht die Tatsache, dass nahezu die Gesamtheit der Experten vom menschengemachten Klimawandels überzeugt ist, dessen Existenz mehr als wahrscheinlich – selbst dann, wenn es Fälle gibt, in denen die Mehrheit der Experten eines Faches einmal geirrt hat. Vorwürfe, nach denen die IPCC-Berichte die Meinung der Experten nur ungenügend wiedergibt, konnten hingegen ausgeräumt werden. Was will man mehr? Sicherlich: Ein hundertprozentiger Beweis ist dies alles nicht. Aber den gibt es nicht einmal dafür, dass das Ungeheuer von Loch Ness nicht existiert.
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